Vilseck: Großer Unterhaltungwert für Freunde der Nacht - Nachtwächter Tschung in Höchstform

„Eigentlich kann ich schon alles auswendig, was er erzählt. Aber es ist immer wieder neu und lustig!“ So beschreibt eine Teilnehmerin die Ausführungen von Josef Eierer. Das Vilsecker Original kennen viele nur unter seinem Spitznamen Tschung. Seit 20 Jahren, immer am 30. Dezember, führt er eine stattliche Besucherschar durch seine Heimatstadt.

Diesmal sind es 93 Personen, vom Kind bis zum Rentner, vom Einheimischen bis zum Auswärtigen. „Freunde, des is ja a neier Rekord“, schmunzelt Tschung und legt gleich voll motiviert los. Es ist immer wieder ein Erlebnis, ihm zuzuhören.

Er erzählt von der Stadterhebung 1331 und dem Bau der 948 Meter langen Stadtmauer, berichtet von der guten, alten Zeit, in der es nur Holzhäuser mit Strohdächern gab, die sich rasch entzündeten. Und da kommt der Nachtwächter ins Spiel, der in jeder Nacht sieben Mal durch die Straßen gehen musste, um nach dem Rechten zu sehen. Zu jeder vollen Stunde ertönte einst der Stundenruf, den Tschung auch heute zum Besten gibt.

Das Wahrzeichen, den Vogelturm, erwähnt er ebenso, wie die mühsame Turmbesteigung. „Die letzten ehrenamtlich Beschäftigten in Vilseck sind nämlich nur noch die Torhoudere, Frau Fenk, die täglich die Uhr aufzieht - und ich“, fügt er schelmisch hinzu.

Am Wünnenberghaus kommt natürlich Lola Montez, die Mätresse König Ludwigs I. zur Sprache. Von ihrer Liaison mit dem Vilsecker Türmersohn Elias Peissner, mit dem sie im besagten Haus übernachtete, wissen die Leute seit dem Festspielsommer in Vilseck.

Die Sage von Teufelstein erzählt der Nachtwächter beim Brunnen, streut noch eine kleine Anekdote ein und führt seine Gäste dann in die Herrengasse zum Pflegschloss und Weihertor. Hier in Stadtweihernähe ergreift der Bürgermeister das Wort und macht Werbung für einen Besuch in den renaturierten Vilsauen.

Mit seinem Rollator, seiner Laterne und Hellebarde läuft Tschung noch wie ein Junger hinauf in den Schlosshof, wo er über die Burg Dagestein spricht und über den Nachtwächter im Bergfried, dem die Entleerung seines Potschamperls einst Ungemach einbrachte.

Nach einem Gedicht über die frühere Politikprominenz wird er ernst und sagt: „Freunde, ich hör öitz af zum Dichtn, weil ich mou nu mei Freibier vernichtn!“ und fügt hinzu: „Ich red me kaputt, und enk lachts!“.

Beim Thema „Wasserversorgung und Kanalisation“ erheitert er die Gruppe schon wieder mit einer Durchsage über das Bierbrauen. Beim Tormeier fängt er gar noch zum Gstanzlsingen an, und alle stimmen ein.

In der Breiten Gasse, dem Vilsecker Broadway, Tschung spricht nämlich auch Englisch, übergibt er seinen Rollator mit einem Hintergedanken an den Bürgermeister, denn die holprige Klostergasse ist vielen ein Dorn im Auge.

Auch über die Stadtpfarrkirche St. Ägidius und seine verschiedenen Baustile weiß Tschung Bescheid. Im angrenzenden Zwingerfriedhof wird es allen etwas unheimlich, besonders als der Gästeführer noch eine makabre Totengräbergeschichte erzählt.

Nun wird es aber Zeit für das obligatorische Schnapserl, das seine Frau Anna Margaretha am Wohnhaus im Träumergässchen für jeden Gast bereithält. Hier wird auf das Wohl des Nachtwächters und auf ein gutes neues Jahr angestoßen.

Am Vogelturm verabschiedet sich Tschung mit einem letzten Stundenruf und einem lustigen „Habe d’Ehre – Preiselbeere“.

Nachtwächter Tschung mit seinem Rollator, seiner Laterne und Hellebarde, freut sich über den neuen Teilnehmer-Rekord bei seiner Stadtführung und begrüßt die Freunde der Nacht

alt

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