"Geschichte und Geschichten" von und aus Hahnbach von Marianne Moosburger (Teil 13)

Aufklärung und Säkularisation oder
ein Singspiel schreibender Cooperator, der auch Teufelsaustreibungen macht,
die Hahnbacher Reliquien und Napoleon

1740.90 Die Kartoffel wird in diesen Jahren (durch Dr. Johann Heinrich Werner) in der Oberpfalz eingeführt und sollte so größere Hungersnöte verhindern helfen. Die „Erdäpfelpfalz“ war damit geboren.

Die Hahnbacher Pfarrkirche wird im Rokokostil, einem späten verspielten Barock ausgeschmückt
(Zusätzliche Fensteröffnungen, die sog. Ochsenaugen, sorgen bereits seit 1730 im Hauptschiff für mehr Licht.)

1769 Im Jahr der Erfindung der Dampfmaschine, die den Auftakt zur industriellen Revolution darstellte, komponiert und dichtet ein Hahnbacher Cooperator, Jakob Mayer, ein Singspiel über seine Prozess freudigen Pfarrkinder, welches auf dem Marktplatz aufgeführt wird.

Ein Amberger Advokat, also Rechtsanwalt, names Pösenecker fühlt sich beleidigt und verklagt den Cooperator beim Bischof, worauf ihn dieser „vakant“ setzt, also zumindest zeitweise vom Dienst suspendiert. Dieser Mayer macht übrigens auch Teufelsaustreibungen. Man weiß von einem alten, verlorengegangenen Votivbild aus dem Jahr 1772, das von einer Süßer Bäuerin berichtet, die glücklich vom Teufel befreit worden ist.

19. März 1771 Papst Clemens XIV. verleiht für die acht Tage der Ausstellung der Gebeine des heiligen Felix in der Pfarrkirche zu Hahnbach einen vollkommenen Ablaß. Dieser Heilige Felix ist zusammen mit anderen Reliquienschätzen den Hahnbacher Bürgern vom Pfarrer Johann Mayer, der Pfarrer in Luhe und Dechant des Ruralkapitels Leuchtenberg war, vererbt worden.

Die anderen, ebenfalls höchst wertvollen Reliquien waren:

• Partikel des Martyrers Florian,
• Partikel des Apostels Jakobus,
• Teile von Haaren der Jungfrau Maria
• Authentische Partikel vom Kreuz Christi,
• Sowie der erwähnte römische Martyrer Felix samt seinem Blut.

Auf den beiden Seitenaltären sollen diese Schätze ausgestellt worden sein.

1772 zahlreiche Feiertage werden abgeschafft und altes Brauchtum verboten, da die Regierung zu viele Feiern und zu wenig Arbeit sieht.

(1773 The Boston Tea Party führt zum Unabhängigkeitskrieg Nord-Amerikas (1775-83))

1781 Szenische Darstellungen bei der Fronleichnamsprozession dürfen nicht mehr sein.

1782 Sonnwendfeuer werden verboten, ebenso das Mitführen eins Palmesels bei der Prozession am Palmsonntag. Auch Besuche des Nikolaus und seines Knechts Ruprecht darf es nicht mehr geben. Auch das Wetterläuten ist einzustellen.

(14. Juli 1789 Sturm auf die Bastille: Auslöser für die franz. Revolution.)

1792 Kriegserklärung Frankreichs an Österreich. Österreich, Preußen und Sardinien verbünden sich gegen Frankreich.

1795 Preußen scheidet aus dem Bündnis aus (Sonderfriede von Basel)

1796 Napoleons General Jourdan drängt die österreichische Armee in die Oberpfalz zurück.
Am 17. August sind die Franzosen in Hahnbach. Hahnbach ist nun französisch.
Die Franzosen kämpfen gegen die Österreicher.
Ab dem 22. August schlagen die Österreicher die Franzosen und die Franzosen ziehen sich zurück.

Maximilian Joseph Freiherr (seit 1809 Graf) von Montgelas, der bairische Minister mit einer fast absoluten Vollmacht unter dem späteren König Max Joseph I. beginnt mit der Durchführung des so genannten Reichsdeputationshauptschlusses, der Säkularisation.

Dies bedeutet in seiner Konsequenz:

1800 das Kirchensilber und vorhandene Pretiosen, wie überflüssige Monstranzen, Kelche, Ziborien und Kreuzpartikel sind abzuliefern für die Staatshilfe.
Geschehe dies nicht, so drohte man dem Kirchenverwalter, müsse er selber doppelten Ersatz zahlen.

In Hahnbach war damals der Bürgermeister auch Kirchenverwalter und prompt lieferte er ab:

• silbergefasste Reliquien
• ein Säckchen mit goldenen und silbernen Ringen
• 356 große und kleine Silbermünzen
• 11 silberne Rosenkränze vom Frohnberg
• vier Kelche löste er mit 196 Gulden ein für Pfarrer, Kooperator, Benefiziat und einen emigrierten französischen Geistlichen, der in Hahnbach Asyl gefunden hatte.

1801 Die Christmette darf - wegen „Gefährdung der öffentlichen Ordnung“ - nicht mehr um Mitternacht stattfinden. Sie ist um 5 Uhr morgens zu feiern.
Kirchweihen, Patrozinienfeste, Kreuzgänge, Wallfahrten, Prozessionen dürfen nur noch an Sonntagen und gebotenen Feiertagen abgehalten werden.

1802 Aufhebung der Klöster (s. Michelfeld – Maximilian Prechtl, ein gebürtiger Hahnbacher war dort der letzte Abt)

1803 „überflüssige“ Kirchen, Kapellen, Kreuze und Bildstöcke sind zu verkaufen und zu demolieren.
Von Laubhof bis Süß gab es 13 Kapellen.
Von Hahnbach zum Frohnberg: acht Kapellen.

1804 Krönung Napoleons zum Kaiser der Franzosen.
In Hahnbach gibt es 135 Hausväter, 148 Hausmütter, 153 Töchter,
140 Söhne, 8 elternlose Kinder, 106 Dienstboten (51 m., 55 w.), 17 Höfe: alle sind katholisch.

Noch sind die Orts- und Flurnamen nicht einheitlich. Da ist von einem Krav/watenschlag unterhalb des Fraunbergs / Frohnbergs die Rede oder von Kümischbuch (für Kümmersbuch), Sieß (für Süß), Wustenlaun (für Wüstenau) oder Mümbach (für Mimbach).

1805 Bayern steht nun auf der Seite Frankreichs gegen Österreich.
Doch Hahnbach kommt dabei oft zwischen die Fronten und erleidet „viel Kriegsleid“.

Österreich verliert gegen Frankreich die Schlacht von Austerlitz (im Norden von Preßburg) und schließt den Frieden von Preßburg.

1. Januar 1806 Bayern wird Königreich (von Napoleons Gnaden) unter Josef Max I.

27. Januar 1808 Eine bayrische Steuerkatasterkommission wird gegründet und es entsteht ein Kataster für eine Häuser- und Rustikalsteuer.

Bis zu seiner Vollendung im Jahr 1853 wird Bayern damit zum ersten vollständig vermessenem Land Europas.

1809 Österreichische Feinde in Hahnbach

1810 Napoleon heiratet Marie-Luise, Tochter des österreichischen Kaisers Franz I., zur Aufwertung der eigenen Dynastie und zur Verpflichtung Österreichs.

1812 Napoleons Feldzug gegen Russland: Hierfür muss Bayern Truppen stellen, da es im sog. Rheinbund ist, der unter dem Protektorat Frankreichs steht. Durch Hahnbach marschiert freudig und mit singendem Spiel und fliegenden Fahnen eine internationale Armee aus Franzosen, Deutschen, Italienern und Schweizern gegen Russland.

1813 –16 Zweimal marschieren die Russen durch Hahnbach in Richtung Westen gegen Frankreich.

1815 Wiener Kongress (Metternich)

1813-15 die sog. Befreiungskriege von Frankreich, s. die Befreiungshalle bei Kelheim will bleibend daran erinnern.

Das Hahnbacher Pflaster hat also schon viel aushalten müssen. Wie woanders auch (s. Sulzbach), hatte man in Hahnbach einen Pflasterzoll zu entrichten. Dieser war verpachtet, der Pächter hatte das Geld zur Reparatur des Pflasters zu verwenden, was aber oft nicht ausreichte.

Der Zoll richtete sich nach Anzahl der Wägen, der Pferde oder der Tiere (der Viehhändler). Selbst von Trägern oder pro Schubkarren wurde Zoll kassiert, allerdings nur einen Pfennig. Von Juden aber wurde grundsätzlich ein höherer Betrag verlangt, der um 1800 herum z.B. 8 Kreuzer betragen hat, was ungefähr den Wert einer Ente betrug.

Immer wieder tauchen Klagen über das kaputte Pflaster auf, ich habe schon erwähnt, dass man einem Pfarrer nicht mehr zahlen wollte, mit dem Verweis, man müsse für ein neues Pflaster sparen.

Immer wenn höherer Besuch angekündigt war, hat man zudem die Hahnbacher aufgefordert, das Pflaster in Ordnung zu bringen und die „Düngerstätten“ darauf zu entfernen.

1822 war der Durchzug der königlichen Hoheit Prinzessin Amalie Auguste, die nach ihrer Vermählung mit seiner königlichen Hoheit Prinz Johann Nepomuk von Sachsen auf dem Weg von München nach Dresden war (am 16. November 1822).

Am 22. November 1823 reist ihre königliche Hoheit Prinzessin Ludovica von Bayern durch Hahnbach.

1830 (21. Juni 1830) König Ludwig I. und Königin Theresia reisen durch Hahnbach nach Bayreuth.

19. Januar 1837 König Ludwig I. genehmigt per Unterschrift den Abriss des Unteren Tors, da bei seinem Passieren durch die tiefer ausgehobene Straße immer wieder Fuhrwerke stecken blieben und der bauliche Zustand „äußerst desolat“ war.

1838 Die Kartierung und Erfassung aller „Untertanen“ und deren Besitz schreitet voran. Bayern bekommt in diesem Jahr sein erstes Kataster für eine allgemeine Grundsteuer.

1842 wohnen in Hahnbach 191 Familien mit 831 Seelen, alle katholisch, die „Gemeinde ist von mittlerer Wohlhabenheit“, heißt es in der Chronik und weiter:

„Die Bewohner des Marktes sind Leute von gutem Charakter, fleißig, gehorsam und dem König treu ergeben; überhaupt gute Untertanen.“

Allerdings wird auch bemerkt, dass die Frevel, also Verstöße, seit mehreren Jahren zunehmen:

Marktfrevel: 14 - Feldfrevel: 27 - Holzfrevel: 21.

Zum Thema Holzfrevel habe ich vor kurzem folgenden Spruch von Marie von Ebner-Eschenbach gefunden: „In einer Gegend, in der Waldfrevel nicht vorkommt, hat der Wald keinen Wert.“

Im Ort gibt es erstaunlich viele „Fleischhacker“ und Schumacher.
Auch wird von drei Tafernwirtschaften berichtet, die offensichtlich nicht recht rentabel waren.

17. Oktober 1842 Abbruch des baufälligen unteren Torturmes auf Anordnung des königlichen Landgerichts Vilseck.

1848 Restauration und Revolution in Europa

1849 Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche. Die Revolution aber misslingt wegen der Angst der Bürger vor revolutionärem Radikalismus, aus Mangel an politischer Erfahrung und wegen der Obrigkeitstreue des Heeres und der Beamten.

Folgen: Wunsch nach Einheit bleibt, doch das politisch enttäuschte Bürgertum wendet sich der Wirtschaft zu. Firmen wachsen (MAN, Maffei, Leitz, Bayer, Krupp, Hapag Lloyd, Siemens usw.).

1852 207 Familien mit 856 Seelen leben in Hahnbach.

1866 Krieg Österreichs gegen Preußen um Schleswig-Holstein:

In Hahnbach sind 335 Mecklenburger Preußen mit ihren 11 Offizieren und 20 Pferden einquartiert.
Die Preußen sind sehr diszipliniert, bis zum 23. August, dem Ablauf des Waffenstillstands.

Die Preußen rücken zunächst gegen Amberg aus, kehren dann wieder um und besetzten mit Verstärkung die drei Tore mit je 100 Soldaten (innen und außen).

Die Hahnbacher – so heißt es in der Chronik – sind mit diesen Kriegsregeln nicht vertraut und verstecken ihr wertvollen Hab und Gut, junge Leute nehmen Reißaus und verstecken sich in Getreidefeldern und Waldungen. Es wird offensichtlich hieß es im Bericht darüber, „wie wenig im Augenblick wirklicher Gefahr auf das Volk vertraut werden kann“.

Am 31. August 1866 ziehen die Preußen wieder ab und alle atmen auf.

1870 Eine Bürgerwehr soll errichtet werden, doch niemand meldet sich. Die Hahnbacher haben wohl genug von allem, was mit Kämpfen, Soldaten und Krieg zu tun hat.

1871 Im Spiegelsaal von Versailles wird das Deutsche Reich proklamiert.

1914–1918 Der erste Weltkrieg oder „La Grande guerre“, „der große Krieg“, wie ihn die Franzosen bezeichnen, bringt wieder unermessliches Leid und Tod in die Familien.

"Geschichte und Geschichten" von und aus Hahnbach von Marianne Moosburger (Teil 12)

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